Servus Gemeinde,
ich wollte hier auch mal ein paar Erfahrungen zum Thema „Offroad mit der Nuda“ teilen. Üblicherweise bin ich mit der Maschine natürlich bestimmungsgemäß auf der Straße unterwegs und genieße sie in Kurvenfahrten - am liebsten großzügige
Doppel-Hundertachtziger, enge Spitzkehren und Serpentinen auf Passstraßen - wie wohl jeder hier

Leider habe ich so etwas nicht vor der Haustür und muss dazu immer erst min. 100km in's Zielgebiet fahren.
Hin und wieder kann ich bei meinen Touren aber dem Verlangen nach „ein bisschen Offroad“ nicht widerstehen und hole mir dann ein paar Extra-Kicks auf unbefestigten Straßen. Die letzten beiden Erlebnisse waren allerdings so folgenreich, dass ich beschlossen habe, derartige Bedürfnisse zukünftig mit einem dafür geeigneterem Fahrzeug zu befriedigen und der Nuda (und natürlich auch mir) weitere solche „Erfahrungen“ zu ersparen.
Vor zwei Wochen hatte ich beim „Kraxeln“ in Kühtai (Tirol) auf dem Weg zur
Hochalter Bergstation einen Platten hinten. Da ich dummerweise kein Flickzeug dabei hatte und mir die Felge natürlich nicht zur Sau machen wollte, musste ich die Nuda auf Grobschotter die steilen Serpentinen nach Kühtai runterschieben (ca. 300 Höhenmeter). Unter „normalen“ Umständen (also mit Luft im Reifen) macht der „Abstieg“ total Laune: wie mit dem Mountainbike ohne Motor leise runterrollen, die spitzen Kurven mit blockiertem Hinterrad sanft im Schotter sliden ... wenn man auf der Nuda SITZT, fühlt sie sich wie ein MTB an, so schön schmal (zumindest im Vergleich zu vorher etliche Jahre große BMW GS). Beim SCHIEBEN sieht das schon ganz anders aus ... ~190kg wollen schon ganz gut kontrolliert werden

Der Alm-Zubringer ist sehr steil und auf Schotter ist die Vorderbremse alleine nicht ausreichend für die schwere Fuhre (blockiert und schmiert weg), also 1. Gang einlegen und per Kupplung hinten mitbremsen (die Fußbremse ist beim „Schieben“ ja nicht nutzbar, es sei denn, man hat ein
Rekluse-Brems-Kit, also einen Handhebel am Lenker für die Hinterradbremse). Das Ganze ähnelte eher dem Halten eines ziehenden Hundes als Schieben. Insbesondere war das deshalb auch kein „Zuckerschlecken“, weil der ca. 15kg Rucksack, die Außentemperaturen jenseits der 30°C und das ständige „Fußrasten-in-die-Wade-krachen“ zusätzliche Freude bereiteten
Tja, Flickzeug ist schon was feines
Loch flicken, ein paar Gaskartuschen reinpumpen, fertig. Oder alternativ Reifenschaum (abgesehen von der Sauerei). Danach ganz entspannt bis zur nächsten Tankstelle fahren. Dauert wenige Minuten und kostet nicht viel Geld. Dank Schutzbrief der KFZ-Versicherung musste ich zwar für das Abschleppen (bis nach hause, ca. 200km) nichts extra zahlen (außer 20 € als Dankeschön für die Kaffekasse des Fahrers) - aber bis der kam und ich dann letztlich zuhause war (deutlich nach Mitternacht) - vergeht schon einige Zeit ...
Der Reifenwechsel war 'eh fällig, vorne wie hinten war schon die Grenze der zulässigen Profiltiefe erreicht - übrigens noch die Originalbereifung (M5) - 7400km - das ist doch mal eine Laufleistung
Eine Woche später, neu bereift mit CRA2EVO
(hätte ich von Anfang an wechseln sollen, kann die positiven Meldungen zu diesem Reifen hier im Forum nur bestätigen, hätte nie gedacht, dass der Unterschied dermaßen extrem zum M5 sein kann, dachte immer die Rezensenten übertreiben reichlich) bin ich zu Neumond zum Sternschnuppengucken zum Gipfelkreuz am Hohen Lorenzenberg (Südtirol) gefahren. Hier in der Stadt hatten wir zwar die Nächte vorher auch schönen freien Himmel, aber selbst 15km außerhalb auf einem Feld war die Lichtverschmutzung immer noch groß genug, dass ich das seltene Ereignis (gleichzeitig Höhepunkt der August-Sternschnuppen und Neumond, also keine störende „Taschenlampe“ am Himmel) mal richtig erleben wollte. Mit Schlafsack, Isomatte und einigen Lagen Klamotten im Rucksack (in der Nacht sind da oben nur 5°C, außerdem weht da natürlich immer eine recht raue Brise) ging es von der Brennerlandstraße ~1000 Höhenmeter die alten Militärpässe rauf, in endlosen Kehren durch den Wald bis über die Baumgrenze vorbei an den alten WK1 Bunkeranlagen bis an den Fuß des Gipfelkreuzes (auf überwiegend Grobschotter).
Soweit so gut. Zum Glück hat es nicht geregnet (Plane hatte ich vorsichtshalber dabei), die Sicht war traumhaft (keinerlei Lichtverschmutzung, keinerlei Zivilisationsgeräusche), unzählige Sternschnuppen spektakulär, die Auffahrt wie immer sehr schön und durchaus anspruchsvoll (teilweise sehr grobe Auswaschungen und frisches Geröll), das Erwachen mit Morgensonne im Gebirge unter freiem Himmel ein wahrer Traum
Was nicht so ideal war: Ein Straßenreifen ist solchen Anforderungen selbstverständlich nicht gewachsen, schon gar nicht mit Straßen-Luftdruck. Das ist von vornherein klar. Aber was will man machen? Entweder den hundertfachen Kurven-Fun durch's Stubaital (Brennerstraße) mit einer perfekten Straßenbereifung 100% genießen oder mit Grobstolle die Schotterpiste zu 100%. Alles dazwischen ist dann eben immer nur ein Kompromiss, und darauf habe ich keine Lust: wegen (höchstens) 1% richtigen Offroad-Kicks (dazu zähle ich keine Feldwege, und grundsätzlich nichts ebenes, aber das sieht sicher jeder anders) die „restlichen“ 99% mit einem „Kompromiss“ unterwegs sein? Das macht für mich keinen Sinn und ist wohl auch nicht im Sinne der Nuda-Erfinder. Damit ich wenigstens ein bisschen besseren Grip bekomme, ließ ich vom Reifendruck ca. die Hälfte ab, das hat beim „Aufstieg“ sehr gut geholfen. Allerdings muss man dann schon ziemlich beherzt rudern, die gewohnte Leichtigkeit beim Lenken ist natürlich damit futsch. Beim „Abstieg“ am nächsten Morgen ist mir das dann auch zum „Verhängnis“ geworden...
In einer Spitzkehre konzentrierte ich mich auf den Weg und bemerkte einen herbeilaufenden Hund von einer Alm erst als er neben mir auftauchte und mich freudig mit einem „Guten Morgen“ anbellte. So aus dem „Nichts“ hat mich das etwas erschrocken, und das damit verbundene leichte Verreißen des Lenkers bedurfte eben nicht nur die gewohnte leichte Korrektur, sondern (aufgrund des niedrigen Luftdrucks) ein deutliches Eingreifen. Bei diesem „Rudern“ kam ich seitlich einer Felswand unangenehm nah und habe mir dabei den linken Unterarm etwas aufgerissen. Nichts dramatisches, der nächste Bergdoktor im Tal hat mir das schön zugenäht, aber immerhin: einige Blessuren, Klamotten zerrissen, ein paar kleine Kratzer an der hübschen Nuda (keine ernsthaften Schäden).
Fazit: Die geschilderten Erlebnisse und insbesondere die dabei entstandenen Schäden sind einzig und allein meiner eigenen Blödheit zuzuschreiben, die geliebte Nuda kann dafür selbstverständlich nichts. Fakt ist aber auch, dass die Nuda für derartige „Erkundungen“ ohne signifikante Veränderungen nicht ideal geeignet ist. Im Alltag hätte ich andererseits aber auch keine Lust (durch die dafür notwendigen Veränderungen) mit Grobstolle, unschönen Motorschutz und sonstigen Anbauten unterwegs zu sein. Für mich ist das Kapitel „Nuda Offroad“ erst mal abgeschlossen, mit ihr werde ich zukünftig nur noch befestigte Straßen befahren. Für den wahren Offroad-Kick besorge ich mir demnächst (wenn es das Budget wieder zulässt)
etwas richtig Leichtes und einen passenden Transporter für die Fahrt in's Zielgebiet, Stichwort: Motoalpinismus
Mit radikalen Komplett-Umbauten (wie z.B. von Touratech) macht Gelände sicher auch mit der Nuda richtig Spaß, aber das ist dann eben auch ein völlig anderes Motorrad.

- Auf dem Weg zur Hochalter Bergstation (~2300m, Kühtai, Tirol)
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- Auf dem Weg zur Hochalter Bergstation (~2300m, Kühtai, Tirol)
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- Schlafstätte im Windschutz eines Hügels …
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- ... am Fuße des Hohen Lorenzerbergs (~2300m, am Brenner, Südtirol)
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- Abstieg ins Tal (~1000 Höhenmeter), links oben im Bild die Schlafstätte
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- Schöner Doppel-Hundertachtziger am Brenner, Südtirol
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