Moin,
das Öl kommt auch nicht hinter die Dichtringe.
Wenn Du Dir den Aufbau einer Kette ansiehst und dan die Funktionsweise kennst, wird Dir klar wo da das Geheimnis liegt.
Die Kette besteht, abgesehen von den Laschen und den Dichtringen, aus drei Teilen. Der Kern ist der Nietbolzen. Dann kommt die Hülse und um die Hülse die Rolle.
Immer, wenn die Kettenglieder in das Zahnrad laufen, bleibt die Rolle im Zahnrad stehen. Man hat da, zwischen Zahnrad und Rolle keine nennenswerte Reibung. Aber die Hülse bewegt sich einmal um den Nietbolzen und in der Rolle. Man hat also die Außen- und Innenfläche der Hülse , die Unterseite der Rolle und die Oberfläche des Nietbolzen, die zu einem anderen Bauteil hin in Bewegung sind und somit Reibung erzeugen, also Schmierung brauchen.
Die Fläche des Nietbolzens und die Unterseite bzw. Innenseite der Hülse haben ihre Schmierung durch die Fettpackung, die durch die Dichtringe innen gehalten wird.
Das Problem ist die Fläche zwischen der Inneseite der Rolle und der Oberfläche der Hülse. Hier ist von Haus aus keine abgeschlossene Kammer mit Schmierstoff. Die Fläche ist über den Spalt zwischen der Rolle und den Innenlaschen offen.
Da muss der Schmierstoff also rein. Bei Spray hat man da ein Flussmittel, das das Fett unter die Rolle zieht. Bei einem Öler wird das Öl auf der Kettenradflanke als Ölfaden abgestriffen und der Ölfaden wird dann durch die Fliehkraft nach außen gedrückt. Der Ölfaden drückt sich in den Spalt zwischen der Lasche und der Rolle.
Durch die Kapilarwirkung des Öls und die Bewegung der Teile zieht sich das Öl unter der Rolle durch und bildet dort einen Ölfilm.
Theoretisch kann man das mit manueller Pflege also genauso erreichen wir mit einem Öler. In der Praxis ist das manuelle Schmieren aber nie so gleichmäßig und auch ab und an nicht rechtzeitig.
An Stellen, wo eben kein Schmierstoff zwischen der Rolle und der Hülse mehr ist, wird es durch die Reibung sehr warm bis echt heiß. Es wird so warm, dass sich die Fettpackung einen Stock tiefer, also zwischen Bolzen und Hülse ausdehnt, und verflüssigt. Das Fett drückt sich dann an den Dichtringen vorbei, wobei der Dichtring durch die hohe Temperatur der Kette auf Dauer auch überhitzt und spröde wird.
Das Fett tritt nach außen und die Schmierung um den Bolzen ist nicht mehr ausreichend gewährleistet. Der Bolzen und die Hülse reiben sich aneinander auf und bekommen Spiel. Das ist dann eine Kettenlängung. Das innere Gelenk ist ausgeschlagen. Da das meist nur an einzelnen Stellen der Fall ist, spricht man von ungleicher Kettenlängung.
Warum ist das bei einem Öler jetzt nicht so?
Der Öler schmiert, wenn er richtig verbaut und eingestellt wurde, die Kette permanent mit einer gleichmäßig aufgetragenen Ölmenge ab. Man hat also permanent einen Ölfilm zwischen der Rolle und der Hülse. Das bedeutet, dass die Kette nicht zu heiß wird und der Fettfilm zwischen Bolzen und Hülse deshalb erhalten bleibt.
Dadurch erreicht man eben deutlich höhere Laufleistungen. Zumindest bei einer Kette mit guter Qualität. Abgesehen davon kann das auch sauberer und sehr komfortabel sein. Mein CLS EVO Öler verbraucht etwas über 50 ml auf ca. 13 000 km, damit ist er relativ sauber. Reinigen der Felge erfolgt mit einem Lappen. Die Kette nimmt fast keinen Schmutz auf. Zur Reinigung der Kette reibe ich die Laschen mit einem Lappen ab.
Ein Öler ist daher auf Dauer günstiger, sauberer und komfortabler als die Dose.
Allerdings muss er auch richtig verbaut sein. Ich kenne zwei Nudisten, die den Öler stillgelegt, bzw. nun keinen mehr haben. Bei beiden war die Ölleitung nicht richtig angebaut. Die Düse war zu weit vom Auflaufpunkt der Kette am Kettenrad entfernt. Dadurch wir das Öl am Kettenrad nach außen gedrückt, bevor die Kette ins Zahnrad eingreift und fliegt dann zum Großteil in die Felge.
Aber das ist wie mit allen Systemen, wenn es nicht richtig eingebaut wird, dann kann es auch nicht ordentlich arbeiten.

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